Wie funktioniert eine FMEA: Schritt für Schritt erklärt mit Beispiel

Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist weit mehr als ein Werkzeug für den Maschinenbau. Ihre Methodik eignet sich hervorragend, um Prozesse zu optimieren – sogar die Kaffeezubereitung im Büro. Als Experten für technische Managementlösungen bei LEAN MC zeigen wir, wie FMEA zu einer effizienten, nachhaltigen und problemlosen Kaffeekultur beitragen kann.

Was ist FMEA und warum ist sie relevant?

Die Abkürzung FMEA steht für Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse. Diese Methode wird branchenübergreifend eingesetzt, um Risiken in Prozessen und Produkten proaktiv zu identifizieren, Fehlerkosten zu senken und die Qualität zu steigern. Die zwei häufigsten Arten der FMEA sind:

  • Design-FMEA (DFMEA): Die DFMEA wird hauptsächlich als Analysemethode für Konstruktionsverantwortliche eingesetzt. Sie stellt sicher, dass vor Freigabe eines Teils für die Produktion, potentielle Fehlerarten und die entsprechende Fehlerursache oder Fehlermechanismen betrachtet und behandelt werden.
  • Prozess-FMEA (PFMEA): Hier werden mögliche Fehlerarten in Prozessen, die aus Prozessabweichungen entstehen können identifiziert, um Vermeidungs- und Verbesserungmaßnahmen zu treffen.

Im Automotive-Bereich wird die DFMEA häufig verwendet, um bereits in der Entwicklungsphase von Fahrzeugkomponenten potenzielle Fehler zu identifizieren – ähnlich, wie in ISO26262 bereits beleuchtet wird. Ein Beispiel: Bei der Entwicklung eines neuen Airbag Systems analysiert eine FMEA mögliche Schwachstellen, wie etwa ein fehlerhaftes Auslösen des Airbags bei niedrigen Temperaturen oder unzureichende Materialfestigkeit der Hülle. Durch die FMEA können Risiken frühzeitig bewertet und Maßnahmen wie die Verwendung verbesserter Materialien, umfangreiche Simulationstests und optimierte Sensortechnologien ergriffen werden, um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Neben den am häufigsten verwendeten Varianten gibt es auch spezielle Varianten wie die System-FMEA, die Software-FMEA, die Service-FMEA und viele weitere, die für komplexe Systeme, Softwareanwendungen oder Dienstleistungsprozesse konzipiert sind. Diese unterschiedlichen Ansätze ermöglichen es, branchenspezifische Risiken gezielt zu analysieren und präventive Maßnahmen einzuleiten.

Ebenso kann die Methodik der FMEA auch auf alltägliche Prozesse im Büro angewandt werden. Ein einfaches Beispiel: Zwei Kaffeemaschinen – eine für koffeinfreien Kaffee und eine für koffeinhaltigen – können potenzielle Fehlerquellen bergen, die analysiert und optimiert werden müssen, um den Arbeitsalltag reibungsloser zu gestalten. Hierfür eignet sich eine PFMEA.

Ein Kaffeechaos mit Folgen

Es ist Montagmorgen: Zwei Kollegen, einer überzeugter Koffeinjunkie, der andere Kaffeegenießer ohne Koffein, greifen versehentlich zur jeweils falschen Kaffeemaschine. Das Ergebnis? Ein übermüdeter Kollege und ein hyperaktiver Präsentationschaosmacher. Schnell wird klar, dass dieses „Kaffee-Dilemma“ analysiert und optimiert werden muss. Eine Prozess-FMEA ist dafür die perfekte Lösung – mit der Mission, das Kaffeeerlebnis zu verbessern.

Die Schritte der FMEA nach VDA: Eine detaillierte Anleitung mit Tipps

Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist ein zentraler Bestandteil des Qualitätsmanagements in vielen Branchen. Besonders in der Automobilindustrie hat sich der VDA-Ansatz (Verband der Automobilindustrie) bewährt, da er eine strukturierte und nachvollziehbare Methodik bietet. Im Folgenden werden die fünf Schritte des VDA-Ansatzes erläutert – inklusive eines anschaulichen Beispiels zur Optimierung des Kaffeeprozesses im Büro.

1. Planung und Vorbereitung

Was wird gemacht?

In dieser Phase werden Produkte und Prozesse definiert, die im FMEA-Projekt eingeschlossen werden sollen. Die Hauptziele sind:

  • Festlegung des Analyseumfangs
  • Projektplan
  • Analysegrenzen
  • Schaffung einer Grundlage für die Strukturanalyse

Wieso ist das wichtig?

Die Planung und Vorbereitung sind entscheidend, um den Fokus des FMEA-Projekts klar zu definieren und sicherzustellen, dass alle relevanten Produkte, Prozesse und potenzielle Fehlerquellen berücksichtigt werden. Eine präzise Festlegung des Analyseumfangs und der Grenzen verhindert, dass wichtige Aspekte übersehen oder unkontrolliert ausgeweitet werden. Zudem bildet eine gut strukturierte Planung die Grundlage für eine effektive und zielgerichtete Durchführung der FMEA.

Beispiel Kaffeeprozess:

Wir definieren die verschiedenen Prozesse, die im Kaffeeprozess auftreten können. Wir verzichten in diesem Beispiel auf eine detaillierte Vorbereitung.

2. Strukturanalyse: Gliedern in eine Baumstruktur

Was wird gemacht?

Die Strukturanalyse bildet die Grundlage der FMEA. Ziel ist es, das System oder den Prozess in einzelne Bestandteile und Subsysteme zu gliedern. Dies erfolgt häufig in Form einer Baumstruktur, die zeigt, wie Komponenten, Prozesse oder Aktivitäten zusammenhängen.

Wieso ist das wichtig?

Eine klare Struktur hilft, den gesamten Prozess zu verstehen, Abhängigkeiten zu erkennen und sicherzustellen, dass kein Teil übersehen wird. Dies bildet die Basis für alle weiteren Analyseschritte.

Beispiel Kaffeeprozess: 

Die Kaffeezubereitung wird wie folgt strukturiert:

3. Funktionsanalyse: Erfassen von Funktionen und Darstellung funktioneller Zusammenhänge

Was wird gemacht?

Im nächsten Schritt werden die Funktionen der einzelnen Elemente beschrieben. Dabei wird untersucht, welche Aufgaben jedes Element erfüllt und wie diese miteinander verknüpft sind.

Wieso ist das wichtig?

Die Funktionsanalyse dient dazu, die Anforderungen an jedes Element zu verstehen und funktionale Abhängigkeiten aufzuzeigen. Dies hilft, potenzielle Schwachstellen systematisch zu erkennen.

Beispiel Kaffeeprozess:

4. Fehleranalyse: Erfassen von Fehlfunktionen und Darstellung in Fehlerzusammenhängen

Was wird gemacht? 

Hier werden mögliche Fehlfunktionen (z. B. Ausfälle oder Abweichungen) ermittelt. Anschließend wird analysiert, wie diese Fehler miteinander zusammenhängen und welche Auswirkungen sie haben können.

Wieso ist das wichtig?

Durch die Fehleranalyse werden kritische Schwachstellen identifiziert, die zu Problemen führen könnten. Die Darstellung von Fehlerzusammenhängen zeigt, wie Fehler in einem Bereich andere beeinflussen können.

Beispiel Kaffeeprozess:

5. Risikoanalyse: Bestandsaufnahme des Know-Hows und Bewertung des IST-Zustands

Was wird gemacht?

Die Aufgabenpriorität (AP) wird auf Grundlage der B-, A- und E-Bewertungen ermittelt, die in der Risikoanalyse bestimmt wurden. Dabei erfolgt die Gewichtung folgendermaßen:

  • B-Bewertung (Bedeutung): Dieser Faktor bewertet die Schwere des Fehlers und seine Auswirkungen auf das System. Fehler mit katastrophalen Auswirkungen (B=10) erhalten das höchste Gewicht, während Fehler mit minimalen Auswirkungen (B=1) das niedrigste Gewicht erhalten.
  • A-Bewertung (Auftreten): Hier wird die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Fehlers berücksichtigt. Fehler, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten (A=10), erhalten eine höhere Gewichtung als seltene Fehler (A=1).
  • E-Bewertung (Entdeckung): Dieser Faktor gibt an, wie gut ein Fehler vor seiner tatsächlichen Auswirkung erkannt werden kann. Fehler, die sehr schwer zu erkennen sind (E=10), erhalten ebenfalls eine hohe Gewichtung, während Fehler, die einfach erkannt werden können (E=1), mit einem niedrigeren Gewicht bewertet werden.

Die Aufgabenpriorität (AP) wird dann durch die Kombination dieser drei Faktoren berechnet. Sie ergibt sich nicht nur aus der einfachen Addition oder Multiplikation der Bewertungen, sondern ist auch in eine Matrix eingeordnet, die jedem möglichen Kombinationsergebnis von B, A und E eine spezifische AP zuweist. Dabei wird die Bedeutung des Fehlers höher gewichtet als die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens oder die Entdeckbarkeit. Dies sorgt dafür, dass besonders kritische, aber auch häufig auftretende und schwer erkennbare Fehler prioritär behandelt werden. Nachlesen kann man den Wert ganz einfach in einer Tabelle, die man entweder übernehmen, oder selbst definieren kann. (Siehe Tabelle)

Wie funktioniert die Gewichtung in der Praxis?

Die Gewichtung der drei Faktoren sorgt dafür, dass bei der Risikominderung – wie auch im umfassenden Risikomanagement – Chancen richtig nutzen – zuerst die Fehler adressiert werden, die sowohl hohe Auswirkungen haben als auch mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten und schwer zu erkennen sind. Dies ermöglicht eine effiziente Ressourcenallokation und ein gezieltes Vorgehen bei der Fehlerbeseitigung. So wird gewährleistet, dass die dringendsten Risiken zuerst behandelt werden, was zur Verbesserung der Gesamtsicherheit und Zuverlässigkeit des Systems führt.

Wieso ist das wichtig?

Die Gewichtung der Aufgabenpriorität stellt sicher, dass die Maßnahmen zur Fehlervermeidung und -erkennung in der richtigen Reihenfolge durchgeführt werden. Indem die kritischsten Risiken zuerst bearbeitet werden, lassen sich kostspielige und sicherheitsrelevante Probleme frühzeitig minimieren. Zudem ermöglicht diese Priorisierung eine strukturierte und zielgerichtete Bearbeitung von potenziellen Schwachstellen, was die Effizienz der gesamten Fehlerbehandlungsstrategie erhöht.

Beispiel Kaffeeprozess:

Im Beispiel nehmen wir das Prozesselement „Kaffeemaschine“ mit den Bewertungen B=10, A=2 und E=8. Zunächst suchen wir in der B-Spalte den Bereich, der den Wert 10 abdeckt, was in diesem Fall „Sehr große Auswirkungen“ entspricht.

Anschließend rücken wir in dieser Reihe weiter und suchen die passende A-Bewertung. Bei A=2 befindet sich der Wert im Bereich „Niedrig“.

Nun setzen wir den Vorgang fort und suchen den entsprechenden Wert in der E-Spalte. Da die E-Bewertung bei 8 liegt, was im Bereich zwischen 7 und 10 liegt, können wir die entsprechende Aufgabenpriorität ablesen: „Hoch“.

6. Optimierung: Durchführung von Maßnahmen und Bewertung des neuen Zustands

Was wird gemacht?

Basierend auf den Erkenntnissen der Maßnahmenanalyse werden neue Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Der neue Zustand wird bewertet, um sicherzustellen, dass die Fehler minimiert wurden.

Wieso ist das wichtig?

Die Optimierung ist das Ziel der FMEA. Hier zeigt sich, ob die identifizierten Risiken erfolgreich reduziert werden konnten.

7. Dokumentation der FMEA-Ergebnisse

Der Zweck des FMEA-Berichts ist die Kommunikation innerhalb des Unternehmens sowie zwischen Unternehmen. Er ersetzt nicht die geforderten Reviews der FMEA-Inhalte, sondern dient als Zusammenfassung für das FMEA-Team und andere Beteiligte, um die Erledigung jeder einzelnen Aufgabe zu bestätigen und Analyseergebnisse zu prüfen. Der Bericht enthält standardmäßig eine Übersicht über identifizierte Risiken, durchgeführte Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und den aktuellen Status. Je nach Anwendungsfall kann der Inhalt variieren und zusätzliche Informationen wie detaillierte Ursachenanalysen, Bewertungskriterien oder spezifische Maßnahmenpläne umfassen.

Humorvoll, aber effektiv

Mit der FMEA-Methode beweist LEAN MC, dass selbst humorvolle Herausforderungen wie das „Kaffee-Dilemma“ systematisch angegangen werden können. Die strukturierte Methodik schärft nicht nur den Blick für Details, sondern verbessert auch die Qualität im Büroalltag. Und wer weiß – vielleicht inspiriert dies auch Sie, eine FMEA in Ihrer Organisation anzuwenden, um Prozesse effizienter und reibungsloser zu gestalten.

Sind Sie bereit, Ihre Prozesse zu optimieren – ob Kaffeepausen oder industrielle Projekte? Kontaktieren Sie LEAN MC und entdecken Sie die Vorteile einer zukunftsorientierten Prozessgestaltung.

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